

Um das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten haben wir fünf Expert:innen aus Technologie, Finanzierung, Infrastruktur und Regulierung ausgewählt und für das Panel gewinnen können. Auf dem Festival teilten sie ihre Perspektiven – und machten eines deutlich: Es gibt hier wirklich viel zu tun, aber auch Grund zur Zuversicht. Unter der Aufzeichnung geben wir einen kurzen Einblick in die wichtigsten Talking Points.
Technologien für eine flexible, netzdienliche Energieversorgung existieren längst. Doch in der Praxis scheitert ihr breiter Einsatz oft an Finanzierungsstrukturen, regulatorischen Hürden oder fehlenden Anreizen und zupackenden Akteur:innen. Aida Fernandez, Co-Founderin von Reverion, präsentiert voller Zuversicht eine Technologie, die auf allen Ebenen Inspirationen liefert: Flexkraftwerke auf Basis von Biogas und Wasserstoff bieten die seltene Kombination aus erneuerbarer, steuerbarer und netzstabilisierender Energiegewinnung. Sie könnten damit eine entscheidende Lücke im heutigen Energiesystem schließen. Weil sie dezentral einsetzbar und wirtschaftlich skalierbar sind, eröffnen sie neue Wege für Versorgungssicherheit ohne fossile Reservekapazitäten.
Wir müssen aufhören, nach der perfekten, risikolosen Technologie zu suchen und möglich machen, was längst als Lösung vor uns liegt.
Klimaneutralität ist kein Sprint, sondern ein – vorerst unendlicher – Dauerlauf. Es braucht einen kühlen Blick auf Potentiale, die durch technische Innovation gehoben werden können. Mit pragmatischer Sicherheit hebt Olli Kuismanen mit Upheat ein solches Potenzial und stellt die Frage: Wie kann es sein, dass so viel Energie in Form von Wärme einfach so ungenutzt aus dem System weicht? Upheat entwickelt Hochtemperatur-Wärmepumpen, die industrielle Abwärme zurück ins System holen – effizient, wirtschaftlich und direkt anwendbar. Aber Hardware ist mehr als nur Mittel zum Zweck: Sie definiert die Grenzen des Machbaren, sie zwingt uns zu konkreten Lösungen – und sie formt, wie wir über Energie, Versorgung und Verantwortung denken.
In einer Zeit voller abstrakter Konzepte ist es oft die physische Technologie, die Wandel greifbar und real werden lässt.
Transformation ist kein rein technologischer Prozess – sie ist ein gesellschaftliches Projekt. Und das bedeutet: Sie muss gewollt, verhandelt und gestaltet werden. Dr. Constanze Adolf, Strategin bei items mit tiefem Einblick in EU-Politik und Sustainable Finance, machte deutlich, wie stark regulatorische Komplexität und politische Trägheit den Fortschritt ausbremsen können. Wenn politische Systeme und Förderlogiken keine eindeutige Richtung vorgeben – oder gar widersprüchlich agieren –, verlieren selbst bewährte Lösungen ihre Wirksamkeit. Statt technologischer Innovationskraft ist dann oft Frustration die Folge. Klarheit, Verbindlichkeit und Teilhabe sind daher keine netten Begleiterscheinungen, sondern Grundvoraussetzung für echten Wandel.
Wer Transformation will, muss Bedingungen schaffen, in denen sie auch gesellschaftlich getragen werden kann.
Ohne Kapital kein Wandel – so einfach, so klar. Jan-Peter Mueller, Managing Director für Energy & Mobility bei der BayernLB, lenkte den Blick auf das Zusammenspiel von wirtschaftlicher Attraktivität und politischem Gestaltungswillen. Damit Investitionen in erneuerbare Energien zustande kommen, braucht es verlässliche Signale – und vor allem positive Erfahrungen. Wenn große Projekte scheitern oder politische Eingriffe Investitionen unattraktiv machen, entsteht Unsicherheit, die sich schnell auf das gesamte System überträgt. Doch Jan-Peter schlug einen spürbar zuversichtlichen Ton an: Für ihn steckt in der Energiewende enormes Momentum. Er ist überzeugt, dass wir die nötigen Technologien, das Know-how und auch den politischen Rückenwind haben – wenn wir gezielt Anreize setzen und die richtigen Risiken eingehen.
Wer Vertrauen stärken will, muss Gestaltung ermöglichen – nicht nur regulieren.
Gerade im Energiesystem stellt sich diese Frage mit besonderer Dringlichkeit. Florian Gutekunst, Programmleiter bei TransnetBW, arbeitet täglich daran, dezentrale Energiequellen, Speicher und Netze so zu koordinieren, dass Versorgungssicherheit gewährleistet bleibt – auch in Zeiten strukturellen Umbruchs. Doch in einem System, das traditionell auf maximale Stabilität ausgelegt ist, stellt sich bei jeder Innovation die Frage: Wer übernimmt die Verantwortung, wenn etwas schiefgeht? Florian machte deutlich, dass die Transformation nicht gelingen kann, wenn Infrastrukturakteure allein auf Risikoabsicherung setzen müssen – oder Innovation auf andere abschieben. Was es braucht, ist ein neues Verständnis von geteiltem Risiko, verteilt auf mehr Schultern, eingebettet in politische Klarheit und digitale Systeme, die Komplexität beherrschbar machen.
Diversität im System senkt Risiken – aber nur, wenn sie auch gesteuert und getragen werden kann.
Das Panel schloss mit einem Appell: Die Transformation gelingt nur, wenn Gesellschaft einbezogen und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt wird.
Das Momentum ist da – aber es ist verletzlich. Jetzt geht es darum, es zu bewahren, klug zu nutzen und alle mitzunehmen. Technologie allein wird nicht reichen. Es braucht Kommunikation, Vertrauen – und weitreichende Neugestaltung.
Danke an die Speaker:innen auf dem großartigen Panel:
Moderiert wurde das Panel von unserem Founder Markus Turber.
Ein großes Dankeschön geht auch an 1E9 und das Deutsche Museum, die mit dem Festival der Zukunft erneut bewiesen haben: Visionen brauchen Räume. Und der Wandel braucht Bühne.